Aktive Absorber und elektronische Bassfallen

Aktive Absorber und elektronische Bassfallen

Aktive Absorber sind eine verhältnismässig neue Methode, um bei geringem Platzbedarf die Raumakustik effektiv zu verbessern. Anhand eines Beispiels werden Methode und Einsatz einer elektronischen Bassfalle vorgestellt.

Passive und aktive Aborber in der Praxis

Passive Absorber werden in der Raumakustik seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt, um Probleme vornehmlich im Bassbereich zu beheben. Dazu gehören etwa Helmholtzresonatoren oder Plattenresonatoren. Angeregt durch das Schallfeld beginnen diese Akustikelemente mitzuschwingen und damit dem Raum Energie zu entziehen. Passive Absorber benötigen eine realtiv grosse Fläche bzw. grosse Volumina, um eine überzeugende Wirkung zu erzielen.
Eine aktive Variante eines Plattenabsorbers kann man sich nun so vorstellen, dass das Schallfeld permanent mit einem Mikrofon aufgenommen und analysiert wird; die Platte wird dann durch einen zusätzlichen Antrieb in Schwingungen versetzt und bewegt sich dadurch in stärkerem Ausmass, als es bei einem reinen passiven Mitschwingen der Fall wäre.

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Ein Vorteil eines aktiven Absorbers ist somit, dass er bei gleicher Fläche um ein Vielfaches effizienter arbeitet. Ausserdem könnte er mit zusätzlichem Einsatz von DSP-Steuerungen speziell abgestimmt werden, so dass er z.B. nur in einem bestimmten Zeitbereich oder unter anderen vorgegebenen Rahmenbedingungen aktiv wird.

Passive Absorber müssen auf die spezifischen „Problemfrequenzen“ des Raums abgestimmt werden. Zieht man um, ist der Absorber in der Regel nicht mehr zu gebrauchen. Einen aktiven Absorber hingegen kann man im Prinzip so konstruieren, dass er elektronisch abstimmbar ist. Bei einem Umzug muss er dann lediglich neu eingestellt werden.

NoiseGard von Sennheiser

NoiseGard von Sennheiser

Der Grundgedanke hinter aktiven Absorbern wird bereits seit langem erforscht und hat auch in verschiedenen Formen zu konkreten Produkten geführt. Erwähnt sei hier zum Beispiel die von Sennheiser entwickelte Noiseguard-Technologie, die in einigen Kopfhörern integriert ist: Mini-Mikrofone analysieren das Schallfeld und erzeugen ein gegenphasiges Signal, dass dann dem Kopfhörer-Signal beigemischt wird und damit den Aussenlärm kompensiert. Auch in Geräuschvoller Umgebung (z.B. im Flugzeug) kann man dann störungsfrei Musik geniessen. Der Volksmund spricht bei solchen Systemen oftmals auch von „Antischall“. (Grafik: Schall und „Antischall“, Sennheiser Noisegard)

Ähnlich arbeiten auch spezielle Schallschutzfenster (Sensoren die das Schallfeld messen und Erreger, welche die Scheiben in gegenpahsige Schwingungen versetzen) oder aktive Schalldämpfer, wie sie etwa in Lüftungssystemen eingesetzt werden. Auch zur Verminderung von Lärm in der Fahrgastzelle eines Autos kommt das Konzept in Frage und nicht zuletzt hat auch das Militär ein vitales Interesse an „Antischall“, zum Beispiel, um flüsterleise Kampfhubschrauber zu entwickeln.

Aktive Absorber in der Raumakustik
Im Bereich der Raumakustik, sind im Moment verschiedene Konzepte aktiver Absorber in der Entwicklung. Von einigen Produkten wurden Prototypen vorgestellt. Eine bereits frei verfügbare Variante ist die E-Trap des US-amerikanischen Hersteller Bagend, die seit kurzem auch in Europa lieferbar ist.

Im Prinzip ist die E-Trap ein kleiner Subwoofer mit den vergleichsweise handlichen Abmessungen 46 x 33 x 24 cm. Das System besteht im wesentlichen aus einer Lautsprechermembrane, zwei eingebauten Mikrofonen und einem elektronischen Regelkreis. Typischerweise kommt eine E-Trap zum Einsatz, wenn es darum geht, einzelne störende Frequenzen zu reduzieren, wie sie in akustisch kleinen Räumen (d.h. kleiner als eine Doppel-Sporthalle 😉 ) typischerweise in Form von stehenden Wellen (Raummoden) auftreten.

etrap von bagend - elektronische Bassfalle

etrap von bagend - elektronische Bassfalle

Mit mehreren Potentiometern an der Gehäuse-Rückseite wird die Bassfalle zuerst auf die zwei Frequenzen eingestellt, an der sie später arbeiten soll. Diese Einstellarbeit ist nicht ganz trivial und sollte einem erfahrenen Akustik- und Messtechnik-Experten überlassen werden, um maximale Wirkung zu erzielen. Einmal kalibriert messen die Mikrofone den anliegenden Schalldruck und erzeugen dann situativ eine gegenläufige Memebranenbewegung, so dass die störende Raummode quasi aufgesogen und damit eliminiert wird.

Die Bassfalle in einem Studio getestet
Ich konnte eine E-Trap während der Optimierung eines Tonstudios einsetzen und stelle nachfolgend die Ergebnisse zur Reduktion einer Raummode dar.

In der folgenden Grafik ist der Amplitudenfrequenzgang eines Subwoofers vor (rote Kurve) und nach (blau) dem Einsatz der E-Trap ersichtlich. Ohne Behandlung ist eine deutliche Überhöhung bei ca. 53 Hz zu sehen. Nach der Integration der Bassfalle wird diese Erhöhung um über 6 dB reduziert. Im ersten Moment mag das als wenig erscheinen. Tatsächlich entspricht eine Reduktion um 6 dB aber einem Rückgang der Energie auf einen Viertel!

Ohne etrap rote Kurve, mit etrap blaue Kurve

Ohne etrap rote Kurve, mit etrap blaue Kurve

Noch interessanter wird es, wenn man eine Auswertung macht, bei der lediglich der Zeitabschnitt ab 100 ms nach dem Direktschall betrachtet wird. Die nächste Grafik zeigt diesen Sachverhalt und hier ist bereits eine Reduktion um 18 dB bei der fraglichen Störfrequenz ersichtlich! (Beachten Sie bitte, dass die Skalierungen der beiden Grafiken – bewusst – nicht identisch sind)

Messung bei der nur einZeitabschnitt ab 100 ms nach dem Direktschall betrachtet wurde

Messung bei der nur einZeitabschnitt ab 100 ms nach dem Direktschall betrachtet wurde

Das heisst, dass eine elektronische Bassfalle nicht einfach eine generelle Pegelreduktion vornimmt (wie dies beispielsweise ein Equalizer oder ein sogenanntes Raumkorrektursystem macht), sondern das effektiv in den Zeitbereich eingegriffen wird (je mehr Zeit vergeht, desto grösser die Dämpfung). Die Bassfalle tut also genau das, was man von ihr erwartet: Sie reduziert die Energie der stehenden Welle im Raum, ohne aber den Direktschall zu beeinträchtigen. Insofern verhält sie sich vergleichbar einem Platten- oder einem Helmholtz-Resonator. Aber mit den zwei entscheidenden Vorteilen, dass sie viel weniger Platz beansprucht, und dass man sie bei einem Wechsel des Raum wiederverwenden kann.

Auch das Wasserfalldiagramm, welches das zeitliche Nachklingen der einzelnen Frequenzen zeigt, demonstriert eindrücklich die Wirkungsweise der E-Trap (links ohne, rechts mit). Die rote Linie zeigt den zeitlichen Abfall bei 53 Hz, der mit aktiver Basfalle sehr viel steiler verläuft: Während ohne Bassfalle die stehende Welle auch noch am Ende des dargestellten Zeitbereichs (eine Sekunde) sehr gut zu sehen ist, verschwindet sie mit Bassfalle schon nach 0,4 Sekunden im Grundgeräusch des Raums. Die Folge ist eine deutlich präzisere Abbildung im Bassbereich. Das vorher störende Nachklingen und Wummern ist verschwunden.

Auch beim Nachklingen sind Verbesserungen sichtbar

Auch beim Nachklingen sind Verbesserungen sichtbar

Unser Fazit
Ein aktiver Absorber ermöglicht bei geringem Platzbedarf einen gezielten Eingriff in die Raumakustik. Die vorgestellte elektronische Bassfalle ist in kleineren Räumen (Wohnräume, Tonstudios) ideal, wenn einzelne stehende Wellen wirkungsvoll bedämpft werden sollen und Wert auf optische Unauffälligkeit gelegt wird und/oder wenn „traditionelle“, passive Absorbersysteme aus unterschiedlichen Gründen nicht in Frage kommen. Die Einstellarbeiten sollte man einem Fachmann überlassen.

Weiterführende Informationen und Kontakte
Informationsseite des Herstellers: Bagend E-Trap

Website des Importeurs: Show Supply
Exklusiv werden hier auch einige spezielle Modifikationen an der Steuerelektronik vorgenommen, u.a. Abstimmungen auf andere Frequenzbereiche als auf der Hersteller-Website angegeben.

Fragen und Kommentare an den Autor Markus Zehner


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