Avid ProTools 9: Der Test

Avid ProTools 9: Der Test


Es war DER Anlass an der 2010 AES Show in San Francisco: Die Präsentation von Avid ProTools 9 zog die gesamte Aufmerksamkeit auf sich und generierte eine Menge Erwartungen. Bei ProTools 9 handelt es sich nicht um ’nur ein weiteres Update‘. Für Avid handelt es sich tatsächlich schon fast um ein kleines Wunder – schliesslich ist diese berühmte DAW jetzt zum ersten Mal auch für die Aussenwelt zugänglich.

Während der letzten paar Monate hörte man immer wieder Gerüchte, dass man die bekannte Plattform für digitale Audioproduktionen eines Tages auch unabhängig von Avid Hardware Interfaces benutzen könne… Alle diejenigen von Euch, die sich in stiller Geduld geübt haben, können jetzt aufatmen und freudig jauchzen: Avid Pro Tools benötigt jetzt nicht mehr zwingend Avid Hardware!

 

Die Skeptiker unter Euch werden jetzt natürlich denken, dass so etwas nur wirklich mit einer ‚light‘ Version möglich ist. Komplett falsch!! Wir reden hier von DEM ProTools 9 – einer fast ‚einzigartigen‘ Version die mit allen möglichen Audio Interfaces funktioniert. Die Dinge werden jedoch schnell etwas komplizierter, wenn man auf der Website von Avid mehr darüber in Erfahrung bringen möchte. Da liest man dann von verschiedenen möglichen Konfigurationen zu sehr unterschiedlichen Preisen!

 

Um etwas Klarheit in die Sache zu bringen, gebe ich Euch deshalb erst einmal eine Übersicht über die Software und Hardware Konfigurationen und widme mich dann den neuen Funktionen in ProTools 9

 

Fixes Menu oder À La Carte

Bis jetzt waren die gebotenen ProTools Optionen recht überschaubar, was natürlich in einem limitierten Angebot lag: Man hatte entweder die Wahl zwischen einem teuren ProTools HD System (inklusive mindestens einer DSP Core Karte, die man dann mit Access Karten ergänzen konnte), oder dem günstigeren ProTools LE System mit limitierter Funktionalität (der Preis hing dann vom gewünschten Interface ab)… Jetzt sind die Konfigurationen ziemlich anders…auch wenn, was den Funktionsumfang (und Preis) betrifft, immer noch gewisse Hierarchien herrschen.

 

Die erste Version ist immer noch der eigentliche Stolz der Avid DAW Serie: ProTools HD 9. Wie schon beim Vorgänger läuft dieses Update von ProTools HD 8 nur mit HD Core und Accel PCIe Karten (mit jeweils 9 DSPs) und wird wie bisher im Bundle verkauft: HD1 System (mit einer Core Karte), HD2 System (mit einer Core und einer Accel Karte) und HD3 System (mit einer Core Karte und zwei Accel Karten). Bislang gibt es hier als noch keine Überraschungen.

 

Die wirkliche Neuerung findet sich dann in der zweiten Version mit dem Namen Pro Tools HD Native. Diese Version verfügt über denselben Funktionsumfang wie die ‚HD‘ Version, wird jedoch ohne DSP Karte verkauft. Pro Tools HD Native wird stattdessen mit einer PCIe Karte mit zwei Mini-Digilink Ports verkauft, über welche sich ein beliebiges HD Interface verbinden lässt. Darunter befinden sich zum Beispiel die neuen Avid HD I/O Interfaces ’16×16 Analog‘, ’16×16 Digital‘, ‚HD MADI‘ und die neue ‚HD Omni‘! Mit anderen Worten handelt es sich hierbei um die erste ‚HD‘ Version, die ohne eine spezielle DSP Karte auskommt. Tatsächlich wurde gerade eben die Kompatibilität zwischen Pro Tools HD Native und dem UAD-2 Karten System angekündigt…fängt die ganze Sache langsam an Sinn zu machen?

Avid Pro Tools 9 bietet unzählige Möglichkeiten

Avid Pro Tools 9 bietet unzählige Möglichkeiten

 

Zuletzt gibt es dann noch eine weitere Version mit dem einfachen Namen Pro Tools 9. Diese ist den HD Versionen sehr ähnlich und kann unabhängig vom ASIO oder Core Audio Interface auf Mac und PC Rechnern betrieben werden. Diese neue von Hardware unabhängige Version ist eine direkte Kampfansage an andere DAWs auf dem Markt. Da bin ich mal gespannt, wie sie Pro Tools 9 denn im Vergleich schlagen kann!

 

Mehr Spuren, mehr Möglichkeiten

Wie bereits erwähnt gibt es immer noch verschiedene Pro Tools 9 Systeme, jedoch nur einen Installer für alle Versionen. Man kann dort die bevorzugte Hardware für AD/DA Wandlung und Aufnahmen wählen. Um ProTools 9 installieren zu können wird auf dem Mac das OS X 10.6.2 (Snow Leoard) und auf dem PC eine Windows 7 Version benötigt. Die Systemvoraussetzungen für ProTools 9 sind jedoch immer noch dieselben wie bei der Version 8.

 

Obwohl Avid ProTools 9 mit einem beliebigen Audio Interface auf einem Mac oder PC betrieben werden kann, so wird für dessen Autorisierung zusätzlich ein iLok Konto und Schlüssel benötigt (der mit ProTools 9 ausgeliefert wird). Dies war bei ProTools LE nicht der Fall. Die Installation von ProTools 9 auf einem MacBook Pro benötigt in etwa 20 Minuten – danach muss man nur noch das gewünschte Audio Interface anwählen (z.B. das interne Audio Interface des MacBooks) und schon kann man mit den neuen Funktionen von Pro Tools 9 zu spielen beginnen.

 

An dieser Stelle sollte noch erwähnt werden, dass ProTools 9 momentan MP, ASIO und Core Audio Hardware, sowie die LE Interfaces von Avid (MBox Modelle) unterstützt. Beim ersten Start von ProTools 9 muss man noch die gewünschten In/Out Kanäle anwählen…bei mir lief dann alles wie am Schnürchen!

 

Auf der Software Seite hat ProTools 9 (nicht HD) den Platz von ProTools LE eingenommen. Was die Performance betrifft, so ist es nun möglich Sessions mit bis zu 96 Mono/Stereo Tracks bei 48kHz (48 Spuren bei 96kHz und 24 Spuren bei 192kHz), 256 interne Bussen, 128 Aux Bussen und 64 virtuellen Instrumenten zu betreiben und bis zu 32 Spuren gleichzeitig aufzunehmen. Avid war endlich bereit auf LE Anwender zu hören, die sich nicht mehr länger mit einer ProTools ‚light‘ Version mit limitiertem Funktionsumfang abfinden wollten.

 

Eine weitere wichtige Neuerung ist die Integration von Optionen, die man bislang extra bezahlen musste: MP3 Kodierung, Digitranslator (ermöglicht Export in OMF/AAF/XMF, TimeCode Management, etc.), ‚Full‘ Import Session Data, Multitrack Beat Detective, etc. Kurz gesagt erhält man so ProTools 9 inklusive den DV und Music Production Toolkits. Auch wenn dies an sich eine erfreuliche Entwicklung ist, so machen diese Neuerungen doch eigentlich nur etwas verlorene Zeit wieder gut (ein ‚kostenloser‘ MP3 Kodierer haut uns in 2011 nicht mehr wirklich aus den Socken!). ADC ‚Automatic Delay Compensation‘ stand bisher nur in den HD Systemen zur Verfügung und bringt Pro Tools 9 ebenfalls nur wieder auf den aktuellen Standard anderer DAWs. Dagegen ist es immer noch nicht möglich den ‚Bounce‘ schneller als in Echtzeit durchzuführen (ganz im Gegensatz zu den meisten Konkurrenzprodukten auf dem Markt): Wer also an einem 15 Minuten langen Stück arbeitet (was bei audiovisuellen Projekten relativ häufig der Fall ist), muss für einen Mixdown also auch die gesamten 15 Minuten warten! Das ist schon fast absurd wenn man bedenkt, dass diese Funktionen nun doch schon sehr verbreitet ist und dem Anwender eine Menge Zeit sparen könnte…

 

Es gibt auch immer noch Unterschiede zwischen der ‚Grundversion‘ und den anderen Versionen (PTHD und PTHD Native): Wer in den Genuss aller Software Funktionen eines HD Systems gelangen möchte (native oder nicht), muss sich das Complete Production Toolkit 2 kaufen. Mit dieser Option kann man Projekte mit bis zu 192 Spuren erstellen und erhält einen Surround Mixer, die VCAs und erweiterte Mixfunktionen. Für die meisten ProTools 9 Benutzer sind diese Funktionen nicht weiter relevant, wer jedoch an komplexeren Projekten arbeiten möchte, wird diese schon schnell schmerzlich vermissen. Unter dem folgenden Link gibt es eine Übersicht über alle wesentlichen Unterschiede der verschiedenen ProTools 9 Versionen, sowie einen Vergleich zur Version 8: http://www.Avid.com/US/products/family/Pro-Tools/compare

 

Auch wenn wir den Willen von Avid ProTools 9 ‚für alle‘ zu öffnen durchaus honorieren, so bedauern wir doch die etwas weniger konsequent durchgesetzte Preisphilosophie. Wegen des hohen Preises wird das Complete Production Toolkit 2 nur Profis mit einem überdurchschnittlichen Budget zugänglich sein.

 

Alter-Native und HD

Wie bereits erwähnt, wurde mit ProTools 9 ein neues Hardware und Software System eingeführt: ProTools Native. ProTools HD Native verfügt über genau dieselben Software Funktionen wie das HD System und verfügt über einer PCIe Karte mit zwei Mini-Digilink Ports und eine serielle Verbindung für einen SYNC HD I/O. Der grösste Vorteil dieses Systems ist die Einbindung von DSP Karten eines Drittanwenders – wie zum Beispiel die UAD-2 Karten. Somit kann der Anwender die Vorzüge beider Marken geniessen! Weshalb sollte man denn nun überhaupt noch auf ein HD System setzen? Da bei diesem System keine DSP Karten zum Einsatz kommen, kann der Anwender auf HD Native Systemen auch nicht auf TDM Plug-Ins zurückgreifen. Das HD System verfügt zudem mit dem Plug-In ‚HEAT‘ über eine von Dave Hill/Crane Song entwickelte Technologie, welche das Verhalten von Bandmaschinen und Röhrentechnologien emuliert. Noch wichtiger jedoch ist der Fakt, dass das HD System nur auf die DSP Leistung der eigenen Karten zurückgreift und somit seine Leistung unabhängig von der jeweils verwendeten Workstation ist.

 

An dieser Stelle sollte noch ein weiterer Punkt erwähnt werden: Auch wenn ProTools 9 jetzt mit andere Interfaces betrieben werden kann, so hat Avid auch eine Menge Zeit darin investiert, die Performance der eigenen Hardware zu optimieren. Dies äussert sich in sehr kurzen Latenzzeiten – ein Merkmal, dass mit anderen Interfaces nicht garantiert werden kann. Mit der MBox Familie und den HD I/O Interfaces sind die Latenzzeiten speziell bei Aufnahmen immer wesentlich kürzer als bei Produkten von Drittherstellern. Auf einem HD Native System mit HD I/O Interface garantiert Avid eine Latenz von 1.66 ms bei 96kHz mit einer Buffer Grösse von 64 Samples. Dank dem ‚Low Latency‘ Modus kann dieser Wert sogar unterhalb einer Millisekunde zu liegen kommen.

 

Neben all diesen Versionen ist jedoch das HD System mit einer Latenz von 0.44ms bei 96kHz (mit denselben Interfaces) immer noch das leistungsfähigste. Für Mixdown Anwendungen sind die Performance Unterschiede zwischen HD und HD Native System vernachlässigbar. Was jedoch Aufnahmen betrifft, so ist das HD System immer noch unschlagbar: Funktionen wie Plug-In Management, Hardware Inserts, Monitoring Bus und Audio Bearbeitung sind allesamt sehr einfach einzusetzen und kommen ohne Latenz aus. Das HD Native System kann bei diesen Prozessen nicht dieselbe Effizienz vorweisen.

 

Schliesslich kommt beim HD System eine ’48-bit fix‘ Technologie zum Einsatz, während der Mixer in ProTools HD Native und Pro Tools 9 mit einer ’32-bit floating‘ Technologie arbeitet. Als neuer Benutzer eines HD Systems empfinde ich diese Software Philosophie als extrem flexibel: Beim Kauf eines HD Updates erhält man Pro Tools 9 HD und Pro Tools 9. Somit kann man mit dem Studiosystem aufnehmen und später mit dem Laptop die Produktion im Tour Bus, zu Hause oder am Swimming Pool editieren. Man benötigt dazu nur einen iLok und kann immer auf dieselben Funktionen zurückgreifen! Das ist ein wirkliches Plus…

 

Was ist neu?

Betrachtet man die Software so gibt es im Wesentlichen nur ein paar wenige, aber sehr interessante Neuerungen zu erwähnen. Für diesen Artikel konzentriere ich mich auf zwei neue Funktionen, die meiner Meinung nach einen echten Einfluss auf den Arbeitsfluss von ProTools haben. Die erste neue Funktion betrifft das I/O Setup. Bisher war es innerhalb einer Session relativ schwierig Änderungen in der I/O Konfiguration vorzunehmen, wenn man zum Beispiel während eines Projektes das Studio wechselte. Dies betraf vor allem Automationswerte für Volumen, Pan, etc. Es war zwar durchaus machbar, aber auch sehr unpraktisch – und all dies in Zeiten wo eine schnelle Arbeitsweise ebenso wichtig ist wie Qualität.

 

Indem sich Avid jedoch entschloss seine Software dem Rest der Welt zugänglich zu machen, musste sich auch das Entwicklerteam Gedanken über das I/O Management von Pro Tools machen. Dies geschah schliesslich mit einer komplett neuen Art und Weise die Ausgänge zu verwalten. Von nun an müssen die Software Outs im I/O Setup einem ‚Output Bus‘ zugewiesen werden, bevor sie auf einen Hardware Out geroutet werden können. Somit ist es nun wesentlich einfacher die Ausgänge auf die neue Hardware anzupassen, ohne dass man dazu gerade die I/O Setup Einstellungen und alle relevanten Parameter (Automation, etc.) ändern muss.

 

Die zweite neue Funktion betrifft das Routing von Aux Spuren und Busses. Avid hat hier abermals auf seine Kunden gehört und das Erstellen und Zuweisen von Aux Spuren wesentlich vereinfacht. Ihr benötigt Hall auf der Stimme? Klickt einfach auf den Send der entsprechenden Spur und Ihr erhaltet die Wahl, den Send auf eine bereits bestehende (oder bestehenden Bus), oder eine neue Spur zu schicken! Dies ist jetzt zwar nur ein Detail, macht aber den Arbeitsfluss einiges einfacher und schneller!

 

ProTools 9 versteht schliesslich bereits in der Grundkonfiguration das EuCon Protokoll und kann somit direkt mit Euphonix Produkten kommunizieren. Bedenkt man, dass Avid diesen bekannten Hersteller von Controller Lösungen letztes Frühjahr erworben hat, war dies jedoch irgendwie auch zu erwarten. Besitzer eines Euphonix Controllers werden werden Ihre Freude daran haben wie einfach die Steuerung von ProTools 9 jetzt mit einem Euphonix Produkt fällt. Im ‚Peripherals‘ Tab welches im ‚Preferences‘ Menü gefunden werden kann muss dazu einfach eine Checkbox ausgewählt werden und schon kann man loslegen. Jetzt muss man nur noch die neuste Version der Eucon Software installiert haben um zu verhindern, dass sich ProTools 9 automatisch schliesst…!

 

Und das wär’s?

Ja, das wär’s. Auch wenn es durchaus zu begrüssen ist, dass professionelle Produkte günstiger werden, so ist es doch ein wenig enttäuschend zu sehen, dass die Version 9 in Bezug auf Software Verbesserungen nicht im gleichen Tempo wie die Version 8 weiterzieht. Trotz seines professionellen Charakters besitzt ProTools keinen Pitch Editor mit dem sich Formaten editieren lassen, keinen Faltungshall, keinen Transient Designer, keinen FFT Filter, oder viele andere Dinge, die man in aktuellen Versionen konkurrierender DAWs finden kann. Dem Anwender werden weder analytische Pegelanzeigen (wie zum Beispiel interaktive Spektogramme) geboten, noch ist es möglich die Bedienoberfläche anzupassen. Dieser letzte Fakt kann tatsächlich als Vorteile betrachtet werden: Man kann auf jedem ProTools System immer wieder alles finden… Zusammenfassend kann man sagen, dass man bei ProTools immer noch auf Lücken stösst, die für gewisse Anwender durchaus enttäuschend sein können.

 

Jetzt wo es für den Benutzer möglich ist, Anwendungen und Hardware anderer Hersteller direkt zu vergleichen, zeigen sich auch ziemlich schnell die Grenzen des selbsternannten Alphatiers unter den DAWs. Natürlich können die meisten dieser Schwächen mit Plug-Ins von Drittherstellern aufgehoben werden, doch dann muss man immer noch auf die Formate RTAS, AudioSuite, oder TDM zurückgreifen, da Audio Unit und VST von Pro Tools immer noch nicht unterstützt werden. Natürlich gibt es von FXpansion eine ‚Wrapper‘ Anwendung über die sich VST Plug-Ins in RTAS Plug-Ins konvertieren lassen, doch diese Lösung ist mit weiteren Kosten verbunden, die für einen Profi tragbar, für durchschnittliche Anwender aber schnell zu einem Problem werden können. Dazu kommt noch, dass die Auswahl an kostenlosen RTAS Plug-Ins doch recht überschaubar ist…

 

Aus diesem Grund eignet sich ProTools 9 auch nicht für jeden Anwender. Für Profis welche ProTools im Studio und unterwegs einsetzen möchten handelt es sich hier um ein grosses Update mit wesentlich mehr Flexibilität, mehr Spuren und mehr Funktionen, als die Grundversion von Pro Tools 8 LE zu bieten hatte. Zu Zeiten von Audio Interfaces wie dem MOTU UltraLite und RME BabyFace werden Anwender mehr als glücklich sein, ihre MBox mit etwas ambitionierterem Equipment zu tauschen.

 

Sollte die Unterstützung von nicht-Avid Hardware für Euch jedoch nicht von Relevanz sein, so solltet Ihr Euch wirklich die Frage stellen, ob sich dieses Update für Euch lohnt. Eigentliche Verbesserungen finden sich nur wenige: Neben dem neuen I/O Management und Aux/Bus Track Routing ist diese Version ProTools 8 sehr ähnlich.

 

Neue Besitzer eines Heimstudios könnten in dieser neuen Version von ProTools die beste Einbindung in die bestehende Pro Audio Welt sehen. Dennoch müssen wir zugeben, dass die Konkurrenz in diesem Segment keinesfalls schläft und die Avid Software doch einige Lücken aufweist: Fehlende Funktionen (kein ‚Offline Bounce‘, kein ‚Freeze‘, etc.), kleine Plug-In Auswahl (auch wenn sich hier seit der Version 8 etwas getan hat). Von der führenden Anwendung erwarten wir dann doch mehr.

 

ProTools wird immer ProTools bleiben

Es stimmt schon, dass das ProTools Konzept auch durch dieses Update nicht aufgehoben wird. Wahrscheinlich müssen wir uns noch eine Zeit lang gedulden, bis Avid uns gewisse Funktionen zur Verfügung stellt. Man sollte sich jedoch bewusst sein, dass der Grund weshalb ProTools von den meisten Profis verwendet wird nicht am effizienten Marketing von Avid liegt. Neben der bewährten Qualität der einsatzbereiten Hardware/Software Lösungen in der HD Serie, konnte sich ProTools schon immer auch wegen der gut durchdachten Software selber behaupten. Auch wenn gewisse Funktionen schmerzlich vermisst werden, so zeichnet sich ProTools doch durch einfaches und schnelles Aufnehmen, Editieren und realisieren von Mixdowns aus – dies ist bei vergleichbaren Anwendungen eben gerade wegen ihres grossen Funktionsumfangs nicht immer der Fall (so war die Sidechain Funktion in Cubase und Nuendo bis zur Version 4 unglaublich komplex…).

 

Für die wichtigsten Aufgaben ist die DAW von Avid auf keinen Fall enttäuschend und ermöglicht dem Anwender eine schnelle und effiziente Arbeitsweise. Genau aus diesem Grund bleibt ProTools für viele Profis auch die erste Wahl und stellt auch für Anfänger eine verhältnismässig kleine Einstiegshürde dar. Falls es für alle Sequenzer eine Demo Version geben würde, so wären auch solche Unterschiede offensichtlicher und die Entscheidung für den Anwender wesentlich einfacher.

 

Fazit

Indem sie ihr wichtigstes Produkt nun auch der Aussenwelt zugänglich gemacht haben, schaffte Avid einen grossen Schritt nach vorne. Vor allem diese Tatsache wird für viele Profis und semi-professionelle Anwender zu einem gewichtigen Argument: Von nun an ist es möglich die Software überall mit hin zu nehmen und auch wenn einem dann nicht unbedingt eine HD Version zur Verfügung steht, so kann man nun doch auch unterwegs ernsthaft an Projekten arbeiten.

 

Nach dem grossen Update auf die Version 8, waren bei uns, was Verbesserungen bei Plug-Ins und Funktionsumfang betrifft, auch diesmal die Erwartungen entsprechend hochgesteckt. Zudem haben wir uns noch immer noch nicht vom Schock erholt, den uns das Preisschild für das ‚Complete Production ToolKit‘ gegeben hat (auch wenn es sich hauptsächlich an Profis richtet). Auch wenn das ‚grosse‘ ProTools jetzt für fast jedes Budget erhältlich ist, so ist es doch bei weitem nicht das beste Werkzeug für jedermann. Und jetzt wo es direkt mit anderen DAWs verglichen werden kann, könnte es durchaus auch etwas von seinem Ruhm einbüssen. Doch Avid ist ja bekanntlich keine Firma die sich auf ihren Lorbeeren ausruht und wir sind bereits gespannt, wie sich der ganze Markt in den nächsten Jahren entwickeln wird…

 

  • ProTools mit Audio Interfaces von Drittanwendern kompatibel
  • Einfache Installation/Anwendung/Konfiguration der Software
  • Mögliche Konfigurationen
  • Verbessertes I/O Setup
  • Einfacheres Bus Routing
  • Latenzkompensation (endlich!)
  • Im Vergleich zu Version wurde der Funktionsumfang nur sehr wenig erweitert
  • Keine VST/AU Unterstützung
  • ‚Complete Production Toolkit‘ für HD Version ist nur für Profis zahlbar
  • Nicht alle Audio Interfaces werden zu 100% unterstützt
  • Bounce nur ein Echtzeit

 

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